Beim November-Stammtisch des Altstadtvereins ging es selbstverständlich auch um den jüngsten Stadtverordnetenbeschluss, die Kosten für die Vignetten zum Bewohnerparken deutlich zu erhöhen.
Die angeregte Diskussion zeigte durchaus ein vielfältiges Meinungsbild.
Öffentlicher Parkraum in den engen Gassen der Altstadt ist für die Bewohner ein ´hohes Gut´; und so gibt es Verständnis für die nach vielen Jahren angestrebte Erhöhung der Gebühr für das Bewohnerparken.
Scharfe Kritik gab es allerdings sowohl zur Art und Weise der Einführung neuer Gebühren – als auch zur willkürlich erscheinenden Erhöhung (+430%) und der angeblich erreichbaren Lenkungswirkung einer solchen Maßnahme.
Zur Erinnerung:
Das Bewohner-Parken wurde in längerem gegenseitigem Austauschprozess zwischen Stadtverwaltung und Altstadtverein, auf dessen Initiative hin bereits im Jahr 2004 eingeführt. Es wurde auch vereinbart, nötigen Änderungsbedarf vorab zu besprechen und abzustimmen. Dies ist leider nicht geschehen!
Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass wichtige, das Leben in der Altstadt betreffende Beschlüsse und Maßnahmen, vorab kommuniziert werden sollten. Unsere Vereinsmitglieder haben deshalb erwartet, bei einer solch doch drastischen Gebührenerhöhung vorab informiert zu werden.
Altstadt-Bewohner sind im besonderen Maße darauf angewiesen, einen Parkplatz im öffentlichen Raum zu finden, da privater Parkraum schlicht und ergreifend nicht vorhanden ist und auch nicht geschaffen werden kann. Da spielt es keine Rolle, ob sie nun ihr Auto häufiger oder weniger häufig benutzen. Eine Abstufung der Gebühren nach Fahrzeuggröße, wie in anderen Städten eingeführt, wäre in Bezug auf den benötigten Parkraum sinnvoll und würde von uns mitgetragen. Auch verringert sich der zur Verfügung stehende Parkraum stetig, so werden u.a. aus Sicherheitsgründen mehr und mehr Halteverbote installiert.
Weniger Parkraum-Suchverkehr in der Innenstadt – ist eine Forderung des Altstadtvereins seit vielen Jahren – wenn das gewollt ist, dann, so wurde in der Stammtisch-Runde diskutiert, gäbe es weitaus wirkungsvollere Maßnahmen, als nur die Altstadt-Bewohner mit höheren Gebühren zu belasten.
Leicht und gut funktionierende Poller-Anlagen, mehr Aufmerksamkeit des Ordnungsamtes für das über allen Maßen hinausgehende Falschparken, besserer Schutz von Menschen, die zu Fuß unterwegs sind, besonders in der Steinheimer-, der Aschaffenburgerstraße und rund um die Mainfähre wären unserer Meinung nach sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssituation in der Altstadt.
Der Eindruck drängt sich auf, dass es hier ausschließlich um die Verbesserung von Einnahmen geht und das auf Kosten weniger Bürger. Ein komplett überarbeitetes Parkraumkonzept mit entsprechenden Erhöhungen der Gebühren in den Parkhäusern, bewirtschafteten Parkflächen sowie Gäste-Parkscheine der Beherbergungsbetriebe – leider Fehlanzeige!
Die unterschiedlichen Begründungen der Fraktionen zur Erhöhung von „Lenkungswirkung“, „moderat gegenüber privaten Parkplatzgebühren“, „Marktstandmieten kosten mehr“ bis zu „nicht kostendeckend 310€“ lassen die 60 Euro und im darauffolgenden Jahr 120 Euro als willkürlich festgesetzt erscheinen. Zumal es sich bei der infragestehenden Gebühr nicht um eine Parkgebühr, sondern um eine Verwaltungsgebühr handelt und sich die grundsätzliche Frage stellt, wie eine solche Erhöhung zustande kommt.
Das führt zu Politikverdrossenheit und in der Altstadt-Runde wurde mal wieder die Frage gestellt: Warum verstehen die von uns gewählten Bürgervertreter immer noch nicht, dass offene Kommunikation und Bürgerbeteiligung die Grundlage für mitgetragene Entscheidungen sind und besser ist für Demokratie.
Der Vorstand des Altstadtvereins steht nach wie vor zu seinen 2004 gemachten Verpflichtungen und erwartet dies auch von unserer Stadtverwaltung. Unsere Enttäuschung ist umso größer als Stadt, Landkreis und das Land Hessen um gelebtes Ehrenamt in großen Stil werben.
Es ist doch Allen klar, dass ein wesentlicher Anteil der großen Attraktivität Seligenstadts von einer belebten urbanen Struktur abhängt, die durch die dort lebenden Bürger gesichert und erhalten wird. Die Altstadt kann nur lebens- und liebenswert bleiben, wenn die Bewohner bereit sind, weiterhin Herzblut und Hingabe für die alte Substanz zu investieren, mit den verbundenen Sanierungs- und Erhaltungsaufwendungen und dafür angemessenen Respekt und Anerkennung erfahren.
