"Und wieder einmal mehr ist aus reinem Profitdenken einer lokalen Bauträgergesellschaft ein Fachwerkhaus-Denkmal in der Altstadt unwiderruflich zerstört und somit gegen das erklärte Ziel der seit 1976 mit hohem Einsatz von öffentlichen und privaten Mitteln betriebenen Sanierung der Seligenstädter Altstadt gehandelt worden.“ ... So müssten die Artikel in der Presse lauten - getragen von Verwaltung/Bauamt, Heimatbund, Gewerbeverein, Altstadtfreunden und politischen Parteien, die immer wieder die hohe Wertschätzung der einmaligen und bisher weitgehend erhaltenen, mittelalterlich geprägten Altstadt betonen. Sie alle müssten sich einig sein im Protest gegen die Zerstörung eines im Hessischen Denkmalkataster aufgeführten Fachwerkhauses aus dem 18. Jahrhundert. Der am 23. August 2007 in der Offenbach Post erschienene Bericht über die Vorgänge in der Gerbergasse zeigt jedoch eine andere Haltung und lässt den interessierten Leser im Glauben, dass ein „übereifriger Arbeiter einer mit der Sanierung beauftragten Fuldaer Baufirma“ einige Balken mehr als vorgesehen beseitigt habe.
Der Vorstand des Vereins Lebenswerte Seligenstädter Altstadt (LSA) kennt Berichte und Beobachtungen, die unsere Befürchtungen erhärten, dass eine fachkundige Sanierung des Denkmals nicht gegeben war; das Augenmerk des Bauträgers lag offensichtlich nur auf einer raschen und profitablen Bebauung eines Grundstücks in Top-Lage innerhalb der Seligenstädter Altstadt. Aus unserer Sicht stellt sich der Vorgang wie folgt dar:
Am 07. Juni 2007 haben wir mit Schreiben an die Verwaltung darauf hingewiesen, dass wir einen befürchteten Abriss des äußerlich stark angegriffenen Fachwerkhauses nicht hinnehmen würden. Im Antwortschreiben des Bauamtes vom 11. Juni 2007 weist der Bauamtsleiter darauf hin, dass unsere Bedenken gegenstandslos seien, da vom Erwerber des Hauses eine ordnungsgemäße Sanierung beantragt ist und durchgeführt würde.
Weiter heißt es: „Zur Baugenehmigung liegt eine umfangreiche Stellungnahme der Unteren Denkmalschutzbehörde vor, die als Auflage mit dem Bauschein gilt. Insoweit geht das städtische Bauamt davon aus, dass die Denkmalauflagen auch beachtet werden.“
Diese Annahme hat sich leider nicht bestätigt, da der Bauherr entgegen dem eingereichten und genehmigten Bauantrag die Sanierung des denkmalgeschützten Fachwerkhauses Gerbergasse 11 nicht fachgerecht durchführen ließ. Stattdessen wurden von einem Fuldaer Unternehmen alle Gefache, die gesamten Fachwerkdecken sowie alle rückwärtigen Wände bis auf die beiden vorderen Fassadenwände herausgeschnitten und damit die historische Bausubstanz unwiderruflich zerstört. Von dem Haus steht heute nur noch ein Torso mit 2 Fassadenresten.
Dass trotz der im Vorfeld erfolgten Warnung und regelmäßigen behördlichen Bausichtungen die Zerstörungen nicht verhindert werden konnten, liegt wohl am zielgerichteten Vorgehen der Bauleitung, das erkennbar gegen die bestehenden Auflagen gerichtet war. Wir sehen somit den Vorsatz der Denkmalzerstörung als gegeben an.
Die Mitglieder des Vereins LSA und viele Altstadtbewohner, die mit großem persönlichen Engagement und hohem finanziellem Aufwand erheblich zum Erhalt der historischen Altstadt beigetragen haben, sind empört und halten das gegen die elementaren Interessen der Stadt gerichtete Vorgehen für skandalös. Die ungesetzliche Vorgehensweise des Bauträgers wird deshalb von uns aufs Schärfste verurteilt.
Wir fordern Magistrat und Verwaltung auf, gegen diese Machenschaften mit der gebotenen Schärfe des Gesetzes vorzugehen und der offensichtlich von langer Hand geplanten Zerstörung der historischen Bausubstanz Einhalt zu gebieten bzw. den Wiederaufbau der Fachwerksubstanz sicherzustellen. Weiterhin fordern wir scharfe Sanktionen gegen alle Personen und Unternehmen, die für diese widerrechtliche Zerstörung eines denkmalgeschützten Hauses verantwortlich sind.
Dieses Vorgehen unsanktioniert zu dulden, wäre ein Schlag ins Gesicht derer, die sich mit großem Einsatz darum bemühten, alte Bausubstanz zu erhalten, und ihr Haus nach den Vorgaben des Denkmalschutzes saniert haben.
Um zukünftig den Erhalt bzw. die Sanierung und Renovierung der Altstadtsubstanz sicherzustellen, ist eine klare unmissverständliche Aussage der zuständigen Ämter, der politischen Parteien, Vereine und gesellschaftlichen Gruppen unserer Stadt pro Historische Altstadt notwendig. Mitglieder und Vorstand des Vereins LSA werden auch zukünftig darauf achten, dass die wertvollen historischen Häuser und Denkmäler erhalten und fachgerecht saniert werden, damit unsere einmalige „Perle am Untermain“ auch zukünftig eine solche bleibt. Wir werden uns zusammen mit allen interessierten Gruppen für eine lebens- und liebenswerte Seligenstädter Altstadt einsetzen und konsequent gegen Missbräuche vorgehen.
mit freundlichen Grüßen
– LSA Vorstandsteam –
Wolfgang Günther, Horst Gruber